Seit vielen Jahren richtet die Stadt Nordenham traditionell in der Woche vor dem 1. Mai ihren Arbeitnehmer-Empfang aus. Rund 40 Gäste waren zu dem diesjährigen Empfang im Ratssaal gekommen. Neben Bürgermeister Nils Siemen (SPD) gaben der DGB-Kreisvorsitzende Mustafa Dogan und der Geschäftsführer der IG Metall Wesermarsch, Jochen Luitjens, aktuelle Einschätzungen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage im Land und in der Wesermarsch ab und betonten die ungebrochene Entschlossenheit, bestehenden Missständen wie Lohnungerechtigkeit und Sozialabbau den Kampf anzusagen.
„Ungebrochene Solidarität“ lautet das Motto der diesjährigen Aktionen zum 1. Mai. Die sicherte Nils Siemen den Arbeitnehmern im Namen der Verwaltung und der Politik zu. Im Angesicht von Jahr zwei des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sei es umso wichtiger, diese ungebrochene Solidarität auch sichtbar nach außen zu demonstrieren. „Alle sind hier gefordert“, stimmte ihm Mustafa Dogan zu. „Politik, Verwaltung und die Zivilgesellschaft.“
Tarifergebnis für öffentlichen Dienst begrüßt
Übereinstimmend begrüßten die drei Redner das jüngst erreichte Ergebnis in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst, wobei Siemen dies „natürlich auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ kommentierte. „Lachend, weil ich weiß, was unsere Beschäftigten wert sind und ich mich deshalb für sie freue.“ Weinend, weil die Finanzierung die Stadt vor neue budgetäre Herausforderungen stellen werde.
Als neue technische und gesellschaftliche Herausforderung machte der Bürgermeister die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) aus. Momentan stehe die Gesellschaft vor der Frage, wie sie mit der voranschreitenden Entwicklung der KI umgehen könne. „Konsens muss sein, dass KI den Menschen nicht ersetzen darf“, sagte Siemen. „Wir müssen sie deshalb nicht verbieten, aber die Rahmenbedingungen für ihren Einsatz entsprechend bestimmen. Wenn wir diesen Rahmen klug gestalten, wird uns die KI keinen Verlust von Arbeitsplätzen, sondern ein entstehen vieler neuer Arbeitsplätze bescheren.“
Ausbildung schafft Fachkräfte
Ein Arbeitsplatz-Problem der anderen Art bleibt der anhaltende Mangel an Fachkräften. Die effektivste Antwort auf den Fachkräftemangel sei die Ausbildung, erklärte dazu Mustafa Dogan. Sie zu fördern und auszubauen, müsse Priorität bei der Fachkräftegewinnung haben. Dogan lobte dazu ausdrücklich die Initiative des Landes Bremen, einen Ausbildungsfonds zu schaffen. Er wird mit einer Umlage von Unternehmen finanziert und soll kleine und mittlere Betriebe unterstützen, die Auszubildende beschäftigen. Ein solches Modell könne laut Dogan auch für Niedersachsen ein probates Mittel sein.
Dem stimmte auch Metaller Jochen Luitjens zu. Bei vielen Arbeitgebern, die über den Fachkräftemangel klagen, vermisse er die Bereitschaft, in seine Bekämpfung zu investieren, so Luitjens. Chancen für einen Zuwachs an qualifizierten Arbeitsplätzen biete allein schon die Energiewende zuhauf. „Niedersachsen ist das Energieland Nummer eins“, sagte Luitjens. „Wir haben hier noch viel Platz für erneuerbare Energien. Um Investitionen in entsprechendem Maßstab zu ermöglichen, müssten aber vor allem der öffentlichen Hand mehr Spielräume verschafft werden. „Deshalb muss ein Schuldenschnitt für die Kommunen endlich her“, forderte Luitjens in Richtung von Bund und Ländern.