NORD|ERLESEN

Mit Lupe und ruhiger Hand entstehen winzige Modelle

Ein gutes Auge, eine ruhige Hand, viel Geduld und vor allem Einfallsreichtum – das alles sollte ein Modellbauer haben, sagt Eckard Roling. Der 62-jährige Loxstedter baut Fahrzeuge für seine Modelleisenbahn-Anlage. Seit Neuestem hilft er bei den Surheider TT-Modellbahnern aus. Diese haben sich dem Thema DDR-Reichsbahn vor der Grenzöffnung verschrieben.

Stolz ist Eckard Roling auch auf seinen Sylter Triebwagen, der in den 1950er Jahren auf der Insel verkehrte und aus einem umgebauten Borgward-Lkw als Zugmaschine mit Aufliegern als Wagen bestand.

Stolz ist Eckard Roling auch auf seinen Sylter Triebwagen, der in den 1950er Jahren auf der Insel verkehrte und aus einem umgebauten Borgward-Lkw als Zugmaschine mit Aufliegern als Wagen bestand. Foto: Bohn


Die Anlage ist reine Handarbeit. Auch die Fahrzeuge vom Handkarren übers Motorrad bis zum Lkw sind selber gebaut. „Man kann alles umbauen. Und so sind alle unsere Fahrzeuge Unikate“, betont Bernd Folkens von den TT-Modellbahnern. Damit kennt sich Roling aus: „Ich habe für meine private Anlage die Zeit der 1950er und 1960er Jahre gewählt“, erzählt der Loxstedter. Hierfür gebe es kaum fertige Fahrzeuge zu kaufen – und wenn, dann zu unerschwinglichen Preisen. „Deswegen muss man eben selber Hand anlegen“, sagt er.

Dabei schreckt ihn die Winzigkeit der Modelle nicht ab. Schließlich baut er seit Jahren für Spur N (Maßstab 1:160). Dagegen ist die Spur TT, die in der ehemaligen DDR gebräuchliche Spurweite für Modelleisenbahnen, richtig groß. Hier beträgt der Maßstab 1:120. Ein Unterschied, den man im Vergleich der Modelle deutlich sehen kann.

Bernd Folkens von den TT-Bahnern zeigt, was aus einem Standard-Lkw (rechts) nach einem Umbau geworden ist.

Bernd Folkens von den TT-Bahnern zeigt, was aus einem Standard-Lkw (rechts) nach einem Umbau geworden ist. Foto: Bohn

Nur wenige Zentimeter groß ist das Modell eines Mercedes, das Roling stolz präsentiert – ursprünglich ein Werbegeschenk auf der Internationalen Autoausstellung (IAA) an gute Kunden. „Leider mit sehr wenig Details“, sagt der 62-Jährige. Also legte er selber Hand an mit Nagelschere, Lupe, 0,7-Edding und hellem Licht. Jetzt verfügt der Mercedes über rote Sitze, Flügeltüren und farbige Scheinwerfer. „Würde man so etwas kaufen wollen – wenn es denn verfügbar ist – würde dieses kleine Modell wohl 85 Euro kosten. Und dann wären die Türen auch zu“, weiß der Loxstedter.

Am Anfang steht immer eine Recherche

Stolz ist er auch auf den Sylter Triebwagen, der in den 1950er Jahren auf der Insel verkehrte und aus einem umgebauten Borgward-Lkw als Zugmaschine mit Aufliegern als Wagen bestand. „Den wollte ich haben“, berichtet der Loxstedter. Am Anfang eines solchen Projekts steht immer eine umfangreiche Recherche. Schließlich soll das Modell so originalgetreu wie möglich sein. Also gilt es, Informationen und auch Fotos zu sammeln.

„Ich habe den Triebwagen dann wie das Vorbild aus einem Borgward-Lkw gebastelt, rot lackiert – und auch mit der originalen Nivea-Werbung versehen“, erzählt der 62-Jährige. Die habe er im Zeichenprogramm am PC Pixel für Pixel aufgebaut und gedruckt. Und natürlich sei man als Modellbauer auch etwas verrückt, meint er. Deswegen mussten in dem Zug natürlich Menschen sitzen. Auf ähnliche Art entstanden ist auch der Pferdebus aus den Jahren 1850 bis 1860.

Billige Grundmodelle werden aufgepeppt

Und woher stammen die Bauteile? „Ich kaufe meistens billige Grundmodelle“, sagt er. Und die werden mit Einzelteilen aufgepeppt. Dazu hat er eine Grabbelkiste, in dem Dutzende von Kleinteilen gesammelt sind. Und was es nicht gibt, wird selber hergestellt – aus den unterschiedlichsten Materialien. So wie der DDR-Lkw mit Plane für die TT-Bahner. „Ursprünglich besteht das Planenbauteil, das es zu kaufen gibt, aus glattem Plastik“, erzählt er. Damit das gewellt aussieht, greift er zu einem Trick: Es wird ein Papiertaschentuch aufgeklebt und dann wieder lackiert. Fertig ist die gewellte Plane.

Die Eisenbahn liegt Roling im Blut. „Mein Großvater hat noch eine Dampflok gefahren“, erzählt er. Klar, dass er als Junge eine Modelleisenbahn hatte. Über die Jahre mit Beruf und Familie blieb dafür aber keine Zeit mehr. Doch das änderte sich mit der Pensionierung. „Die Leidenschaft flammte wieder auf“, erzählt er. Zu Hause hat er mittlerweile mehrere Module gebaut. Und wie lange braucht er für ein Modell? „Das ist unterschiedlich. Schließlich baue ich immer, wenn ich Zeit habe. Es ist ja ein Hobby“, sagt er. Doch dafür braucht er Ruhe. Deswegen bleibt die Tür zu, wenn er arbeitet. Störungen sind streng verboten. Denn: „Man hat immer nur einen Versuch“, betont er.

Eine kleine Auswahl der Miniatur-Fahrzeuge, die Eckard Roling gebaut hat. Vorne ist der Pferdebus zu sehen, der 1850 bis 1860 verkehrte.

Eine kleine Auswahl der Miniatur-Fahrzeuge, die Eckard Roling gebaut hat. Vorne ist der Pferdebus zu sehen, der 1850 bis 1860 verkehrte. Foto: Bohn

Natürlich geht ab und zu mal etwas daneben – auch wenn es dann nur der Modellbauer selber weiß. So zeigt er eine detailgetreue schwarze Dampflok. „Ärgerlich ist, dass ich erst nach der Lackierung gemerkt habe, dass es ein Glanzlack war“, meint er.

3-D-Drucker setzen sich immer mehr durch

Bei den Surheider Modelleisenbahnern ist Roling mehr als willkommen. Deren Jugendgruppe, die auch in Spur N baut, hat er sogar schon geholfen: mit einem weißen Gelenkbus. „Den habe ich ihnen geschenkt. Ich habe mir einen neuen gebaut – natürlich mit noch mehr Details“, sagt er und schmunzelt.


Doch auch der Modellbau verändert sich. Der Computer hat Einzug gehalten. „Heute kann man vieles mit Spezialsoftware und einem 3-D-Drucker fertigstellen“, sagt Roling. Und auch die Laser-Cut-Technologie setze sich immer mehr durch. „Ich selber werde wohl nicht mehr umrüsten. Aber wohl mein Sohn. Der ist nämlich auch im Modellbau-Fieber und baut Lkw im Maßstab 1:16“, erzählt er.

Leider gebe es nur wenig Nachwuchs im Modellbaubereich, bedauert er. Umso mehr freut er sich über die Jugendgruppe der Surheider Modellbahner. „Im Modellbau lernen die Kinder den Umgang mit Werkzeug. Und es fördert die Fantasie“, betont er.

Christoph Bohn

stellv. Redaktionsleiter SONNTAGSjOURNAL

Christoph Bohn (Jahrgang 1968) ist in Bremerhaven geboren und im Cuxland aufgewachsen. Er hat in Bremen Wirtschaftswissenschaft und Politik studiert und ist Diplom-Ökonom. Nachdem er zweieinhalb Jahre als Controller beim Hanstadt Bremischen Hafenamt gearbeitet und nebenbei schon frei als  Journalist für die NORDSEE-ZEITUNG gearbeitet hatte, entschloss er sich zu einem Volontariat (1998-2000). Danach fing er als Redakteur beim SONNTAGSjOURNAL an (Schwerpunkte: Wirtschaft und Landkreis Cuxhaven).

0 Kommentare
Newsletter NEWSLETTER
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
nach Oben