Samstagfrüh. Hauptbahnhof. Mein erhoffter Kaffee-to-go für die Fahrt bis Bremen - keine Chance. Was vom Bäcker - Pustekuchen. Es ist voll. Voller als voll - mit Seesäcken, Rucksäcken, Koffern, Tüten, Plüschtieren, Thermoskannen - und: Kindern. Jugendlichen. Sie stauen sich an allen
Türen, vor den Tresen, an den Treppen, in der Halle, sie schwirren wie ein Heuschreckenschwarm herum - ist da eine ganze Schule auf Klassenfahrt? Nein, was mir um die Ohren fliegt, ist breites Amerikanisch. Es müssen über 100, 150 Mädels und Jungs sein, zwischen Bergen von Gepäck. Ich quetsche mich durch, spreche zwei Mädchen am Schoko-Regal an, sehe witzig mit Nationalflaggen beklebte Fingernägel. Die Kids sprudeln nur so über - auf Englisch. „Wir sind gerade vom Schiff runter, wir haben vier Monate Weltreise auf einem Kreuzliner gemacht, 500 Kinder insgesamt. Und Schule hatten wir immer an Bord. Und ein Teil fährt jetzt von hier mit dem Zug weiter nach Köln und Berlin und München.“ Ein älterer Junge, etwa 16, schaltet sich dazu: „Wir sind alle von einer Schule in Colorado und zum ersten Mal in Europa.“ Ahhh, dann waren sie in Bremerhavens Auswandererhaus, im Klimahaus? Er guckt verständnislos. „What? Don‘t know, never heard of.“ Nie gehört, sagt er. Sie sind nur heute, nur für eine Stunde vom Hafen zum Bahnhof, nichts gesehen von ganz Bremerhaven. „Damned“, denke ich. Unsere viel beschworenen amerikanisch-deutschen Beziehungen brauchen dringend mal Nachhilfe.