Cuxhaven

Darum sterben die Kneipen im Cuxhavener Stadt- und Landgebiet aus

Das Kneipensterben ist kaum noch aufzuhalten. Viele Kneipiers mussten ihre Geschäfte bereits aufgeben. Dadurch gehen nicht nur Treffpunkte verloren, sondern auch alte Traditionen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand.

Olaf Schlichting eröffnete das Café Alt Neuhaus, welches er als Bar und Café im Stil eines Irish Pub führt.

Olaf Schlichting eröffnete das Café Alt Neuhaus, welches er als Bar und Café im Stil eines Irish Pub führt. Foto: Grell

Vor allem die Coronapandemie verlangte einiges von den Lokalbetreibern ab. Allerdings mussten viele ihre Geschäfte bereits vor der Pandemie schließen. Nun stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, eine Kneipe zu eröffnen und wie das Kneipensterben aufgehalten werden kann.

„Als ich meine Kneipe vor 42 Jahren eröffnet habe, war es die neunte in Neuhaus. Heute ist es die Einzige“, bedauert Olaf Schlichting, Inhaber von Ulex und dem „Alt Neuhaus“. Die Gründe dafür kennt der Neuhäuser genau: „Die meisten Kneipen sterben aus, weil auch die Generationen, die die Kneipen besuchen, aussterben. Zudem wollen die Leute heutzutage immer etwas Essen, wenn sie in ein Lokal gehen - das kann nicht jede Kneipe bieten.“ Wenn die reinen Schankbetriebe sich dann nicht auf einen Diskothek- oder Saalbetrieb umrüsten, wird es schwer. Auch das Rauchverbot sei gravierend für die Kneipen gewesen. „Natürlich war es nicht einer der Hauptgründe, dennoch stellte es ein Problem dar“, erklärt Schlichting. Außerdem sei es in der heutigen Gesellschaft nicht mehr so angesehen, am Abend auf ein Feierabendbier in eine Kneipe zu gehen. Das wird auch in Hemmoor bemerkbar. Heinz-Günter Wolf begann im Rahmen der „Stadthistorischen Sammlung“ ein Register zu erstellen, was aus den früheren Kneipen in der Kleinstadt geworden ist. In diesem wird deutlich, dass es mit der Anzahl der Kneipen rapide bergab geht.

Leerstand, Brände, Abriss und Wohnhäuser

Nach derzeitigem Stand, wurden in den vergangenen Jahren um die 40 Kneipen und Gaststätten in Hemmoor geschlossen. Viele der Gebäude wurden zu Wohnhäusern umgebaut oder stehen heute leer. Andere sind abgebrannt oder wurden abgerissen. Einige der Gebäude wurden allerdings wiederbelebt und beherbergen nun Restaurants, Gaststätten oder eine Motorradwerkstatt. Heinz-Günter Wolf weiß, wodurch das Kneipensterben ausgelöst wird: „Die Medienwelt hat sich geändert. Damals gab es keinen Fernseher und keine Smartphones, die Kneipen waren da die Kommunikationsschwerpunkte.“ Wenn es Neuigkeiten gab, wurden diese in den Gaststätten ausgetauscht und man fand dort Geselligkeit. Die Lokale waren nämlich nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Unterhalten da. „Um das Kneipensterben aufzuhalten, muss auf mehreren Ebenen etwas getan werden“, ist sich Wolf sicher.

Neuhäuser Olaf Schlichting und Olaf Wurm, erster Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Bezirk Wesermünde-Hadeln, wissen: Wenn die Betriebe bestehen wollen, müssen sie herausstechen. „Eine Möglichkeit wäre, es so zu machen wie Olaf Schlichting. Er braut sein Bier selbst und stellt auch eigene Schnäpse her“, erklärt Wurm. Man müsse Anreize schaffen, um die Leute in die Lokale zu locken. Besonders in den Dörfern sei das Kneipensterben schon weit vorangeschritten. „Auf dem Land ist es sehr dramatisch, wenn eine Kneipe schließen muss. Denn dort ist es meistens die Letzte. Dadurch fehlt eine zentrale Versammlungsstätte“, so Olaf Wurm. Auch Schlichting ist sich sicher: „Ohne die Kneipen fehlen den Vereinen und der Bevölkerung Treffpunkte. Leider ist es oft so, dass die Leute erst nach der Schließung der Kneipen bedauern, dass sie nicht öfter dort waren - aber dann ist es zu spät. Neben dem normalen Ausschank werden in den Kneipen auch Geburtstage, Hochzeiten und Beerdigungen veranstaltet. „Wenn die Wirtshäuser schließen, fehlen die Räumlichkeiten für solche Familienfeiern“, sagt Wurm. Doch nicht nur auf dem Land gibt es immer weniger Wirtshäuser, auch in den Städten schließen die Betreiber zunehmend die Türen.

Städte sind weniger betroffen

Während die Dörfer stark von dem Kneipensterben betroffen sind, sieht es in den Städten noch etwas anders aus. „In den Städten gibt es noch weitere Versammlungspunkte. Auf den Dörfern stirbt mit der letzten Kneipe häufig auch der letzte Treffpunkt“, erklärt Olaf Wurm. Doch auch Cuxhaven bekommt den Kneipenschwund zu spüren. Erst kürzlich musste die Schifferbörse schließen - weil kein Nachfolger gefunden wurde. Auch die Deichstraße war übersäht mit Lokalen wie: „Billiardstube“, „Lorenzbar“, „Seestern“, „Blinkturm“, „Blauer Peter“ oder „Zum Nordpol“. Für viele wurde die Coronapandemie zum Verhängnis, andere fanden keinen Nachfolger oder das Geschäft lief nicht.

Olaf Wurm, Heinz-Günter Wolf und Olaf Schlichting sind sich alle einig: Für den Erhalt der Kneipen, muss die Mehrwertsteuer auf Speisen bei sieben Prozent bleiben. Denn viele Lokale bieten zusätzlich zum Ausschank auch Speisen an und wurden durch die Senkung der Mehrwertsteuer deutlich entlastet.

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